Café Engel – die neue Gastlichkeit an einem traditionsreichen Standort
Simone Noack, niederlausitz-aktuell.de
Seit dem 1. September gibt es nicht nur für Liebhaber des belebenden Kaffeegetränkes eine neue Adresse. Über 100 Jahre lang wurden in der Cottbuser Wehrpromenade 3 Bier und Spirituosen im Sandower Kult-Lokal »Lucke« ausgeschenkt, welches in den letzten 40 Jahren vom Ehepaar Ruske betrieben wurde. Ende Mai 2014 hatte es seine Türen zum Bedauern vieler Stammgäste für immer geschlossen.
Für viele Sandower war es ein Anlaufpunkt, wo man sich auf ein Feierabendbier, zum Skat oder dem Vereinsleben traf. Damit sollte endgültig Schluss sein, denn der neue Hausherr wollte ursprünglich dort keine Gastronomie betreiben.
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Gleich nach dem Auszug der Familie Ruske begann Ronny Engel, das erworbene Wohnhaus zu restaurieren und sanierte alle 6 Wohnungen. Von vielen ehemaligen Stammgästen und Sandowern mehrfach angesprochen, ob es denn wieder ein Lokal geben wird, verneinte er dies anfangs noch strikt. Aber dann keimten doch erste Ideen, ein Café zu eröffnen, welches es so in der Region noch nicht gibt. Gemeinsam mit seinem Sohn Felix bereiste er Süddeutschland und schaute sich dort mehrere Wochen an, wovon die Menschen in der Grenzregion zum Elsass so schwärmen.
So ein herrlich nach Holzofen duftender Flammkuchen, so richtig schön mit Creme Fraiche, Speck und Zwiebeln – der hat schon was. Dort wurden die beiden auch in die Kunst der Zubereitung eingeweiht und nun war klar, was die beiden wollen. In der Pfalz fanden sie das Weingut Geisser, dessen Rebensaft perfekt zum Flammkuchen passt. Für den verwöhnten Gaumen sind auch 2 verschiedene Crémants auf der Karte zu finden. Und welch ein Glücksfall … eine traditionsreiche fränkische Biermanufaktur namens »Engel« braut für das Cottbuser Lokal den exzellenten Gerstensaft.
Seit dieser Woche nun haben sie ihre Ideen in die Realität umgesetzt, ein sehr gemütlich wirkendes Café ist entstanden. Der Jugendstil ist nicht nur an der Hausfassade zu erkennen, sondern zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Café. Große Drucke der »Vier Jahreszeiten« des bekannten tschechischen Plakatkünstlers Alfons Mucha schmücken die Wände, alte Vitrinen und bequeme Polstermöbel versprühen Wohlfühlatmosphäre. Später soll noch eine Außenterrasse hinzukommen, welche behindertengerecht zu erreichen ist.
Ein Blick auf die Speisekarte lässt erkennen, wieviel Herzblut Ronny und Felix Engel in ihr Café gesteckt haben. Hier verkünden sie stolz: »Café Engel ist weiterhin ein Treffpunkt für gute Gespräche, einen Schwatz, Klatsch und Tratsch, kleine Familienfeiern, mal eine Buchlesung, mal Musik von Omas Schallplatte«.
Neben den leckeren Flammkuchen (verschiedene Geschmacksrichtungen durfte ich bereits vorab verkosten und war im Zustand der Euphorie) gibt es täglich frisch gebackene Kuchen und Torten, frische Plinse sowie verschiedene Eisbecher. Sogar an Allergiker wurde gedacht. Alle Kaffees gibt es hier auf Wunsch auch laktosefrei. Wer keinen Kaffee mag, findet bestimmt seinen Lieblingstee.
Qualität setzt sich durch – deshalb bin ich mir sicher, dass sie erfolgreich sein werden. Herzlichen Glückwunsch der Familie Engel zur Geschäftseröffnung! Unseren Lesern wünsche ich Bon Appetit!
Cottbuser Traditionshaus »Lucke« in neuem Gewand
Georg Zielonkowski, Lausitzer Rundschau
Die Inhaber Felix und Ronny Engel setzen auf Engel-Bier und frischen Flammkuchen. In dem 130 Jahre alten Haus, in dem sich in der Vergangenheit absolut alles um das Thema Fußball drehte, wo jeden Sonntagvormittag beim Skat gereizt wurde und unzählige Biere über den ehrwürdigen Tresen gingen, sieht seit wenigen Tagen alles anders aus. Gediegen und gemütlich kommt das »Café Engel« heute daher.
Als bereits am Eröffnungstag viele Leute die Nase in den neuen Laden reinsteckten, sahen Inhaber Felix und Ronny Engel ihre Vision, die sie allerdings erst mit Verspätung hatten, bezüglich des Traditionshauses »Lucke« grundsätzlich erfüllt.
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Rückblende in den Mai 2014: »Wir wissen nicht, was der neue Eigentümer hier vorhat. Das auf Paul Lucke im Jahr 1906 zurückreichende Haus im Neo-Jugendstil ist mit den stets urigen Bierkneipen nun Geschichte, wir ziehen uns aufs Altenteil zurück«, so die Betreiber Rosi und Erhard Ruske beim emotionalen Abschieds-Frühschoppen. Bis dahin hatten die beiden 40 Jahre lang das beliebte Haus in der Cottbuser Wehrpromenade geführt. »Ehrlich gesagt, war uns beim Kauf des Hauses gar nicht so richtig klar, was wir hier in und aus den Gasträumen machen könnten. Das Haus hatten wir gekauft und danach zunächst einmal begonnen, die Wohnungen zu rekonstruieren. Aber hier unten …«, sagt Ronny Engel. Zu Hilfe kamen dem Vater-Sohn-Gespann schließlich einige Sandower. »Am liebsten hätten sie ein gediegenes Kaffee, in dem man aber auch mal einen Wein trinken und bei Bedarf mit seinem plötzlich auftauchenden Besuch einkehren kann. Oder, wo man einfach einen Treffpunkt hat, an dem man gemütlich sitzt und sich mit Speis und Trank verwöhnen lässt«, fasst Ronny Engel deren Vorschläge zusammen. Mit Ines Altmeyer hat er eine erfahrene Gastronomin an seiner Seite. Sie ist die frühere Wirtin der Sportgaststätte »Zur Eiche« in Branitz, die im Hause Engel nun den Kuchen bäckt und Torten zaubert.
Hocherfreut waren die Betreiber, die in ihrer Einrichtung drei Arbeitsplätze geschaffen haben, dass auch die Ruskes am ersten Tag vorbei kamen, um ihren Nachfolgern zur Eröffnung zu gratulieren.
Auf zwei Spezialitäten des Hauses verweist Felix Engel: »Der frisch gebackene Flammkuchen, ob deftig oder süß, soll unser Markenzeichen werden, genau wie das Engel-Bier. Wegen der Namensgleichheit hatten wir Kontakt zu dieser Biermanufaktur im fränkischen Crailsheim aufgenommen. Einerseits finden wir die Konstellation mit den gleichen Namen ein Stück weit originell, andererseits sind wir von deren Bieren begeistert«, betont Felix Engel.
Von der Kult-Kneipe zum »Café Engel«
Dr. R. Fischer, Stadtteilmanager
Als das in der Sandower Gemarkung gelegene, aber im städtischen Eigentum befindliche Hospitalgelände am »Kleinen Spreewehr« 1871 als »Sandower Vorstadt« nach Cottbus eingemeindet wurde, geriet es schnell in den Focus betriebswirtschaftlicher und städtebaulicher Planungen. 1873 errichteten Gustav und Julius Messerschmidt auf dem Gebiet des ehemaligen Hospitalhains ihre »Wollfilz- Hutfabrik Gebr. Messerschmidt«, die 1948 durch die SMAD demontiert und danach als Betriebsteil der VE Polstermöbel Cottbus und 1991 bis 1995 der POCO- Polstermöbel GmbH fortgeführt wurde. Für die ersten Fabrikarbeiter gab es im nahen Umfeld kaum Wohnungen, denn das gesamte Areal war nahezu unbebaut.
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Etliche Bauern parzellierten ihre Grundstücke für den Wohnungsbau. So auch der Bauer Friedrich Luckner, dem ein Flurstück am Weg zum Kleinen Spreewehr gehörte. 1881 befanden sich auf dem Grundstück Sandower Vorstadt 18 neben seiner verfallenen Scheune vier Wohnhäuser (Sandower Vorstadt 18a–d). Das größte war das Wohnhaus Sandower Vorstadt 18a (ab 1893 Wehrstraße 20, nach 1972 Wehrpromenade 3), das vermutlich der Maurer Christian Kroll errichtet hatte, der 1886 als Hauseigentümer nachgewiesen ist. Gehalten war das Gebäude im historisierenden Gründerzeitstil. Möglicherweise befand sich bereits zu diesem Zeitpunkt eine Kneipe im Haus, denn neben Kroll gehörte 1881 auch der »Restaurateur« (Gastwirt) C. A. Schubert zu den Mietern. Weitere Wohnungsmieter waren der Tuchweber Gustav Lesen, der Leineweber Friedrich Lehmann, der Maler Wilhelm Bräuer, der Schmied Franz Haupel, der Orgelspieler Emil Riehl und der Fabrikarbeiter Gustav Krüger. 1887 erwarben Hermann und Christiane Müller das Gebäude und bewirtschafteten die im Erdgeschoss gelegene »Restauration«. Mit der Umwandlung der nahe gelegenen Militärkaserne in der Gildenstraße zum Wohnhaus 1887 konnte die größte Wohnungsnot gelindert werden. Fabrikarbeiter und Handwerker bildeten nun die Stammkundschaft der Gaststätte, die auch das Wohnumfeld an der Wehrstraße bestimmten. 1893 belegten drei Arbeiter, drei Witwen, ein Barbier und ein Schuhmacher die in der Wehrstraße 20 gelegenen Wohnungen. 1906 kaufte Paul Lucke die Immobilie. Das Haus ließ er zunächst unter dem Einfluss des Jugendstils zum prägnanten Wohn- und Geschäftshaus umbauen. Im Erdgeschoss entstanden dabei zwei weitere Ladeneinheiten. 1940 wurden sie für das Friseurgeschäft Herbert Gottwald und die Fleischerei Otto Hamann genutzt. Von 1908 bis 1952 betrieb Paul Lucke selbst das nun nach ihm benannte Restaurant, das sein Sohn, der Kaufmann Hans Lucke, von 1953 bis 1974 weiterführte. Vom 5. Juni 1974 bis zum 1. Juni 2014 hatten Erhard und Rosemarie Ruske die Gaststätte in Pacht, die als eine der letzten der vor 1972 zahlreichen Sandower Kneipen galt. Zuletzt trafen sich hier vor allem Fußballfans und die sonntägliche Skatrunde. 2014 erwarb die Familie Engel Haus und Grundstück – ohne Pläne für eine gastronomische Nachnutzung. Zunächst wurden die sechs Wohnungen des Gebäudes modernisiert. Während der Umbauphase sah sich das Vater-Sohn-Gespann Ronny und Felix Engel immer wieder mit Wünschen von Anwohnern nach einer Gastronomie im Erdgeschoss konfrontiert. Eine Kneipe im traditionellen Stil sollte es nicht mehr sein, eher ein Café für den Feierabend und vorzeigbar für auswärtige Familienbesuche. Am 1. September 2015 wurde das »Café Engel« schließlich eröffnet. Fachliche Beratung bei der Raumausstattung und Angebotskarte erielten Ronny und Felix Engel von lnes Altmeyer, die als erfahrene Gastronomin zum Bekanntenkreis der Familie Engel gehört und früher Wirtin in der Sportgaststätte »Zur Eiche« in Branitz war. Nun bäckt sie im »Café Engel« den Kuchen und sehenswerte Torten. Markenzeichen des Cafés sind der stets frisch gebackene Flammkuchen und das »Engel-Bier«. Um möglichen Rechtsstreitigkeiten wegen der Namensgleichheit vorzubeugen, wurde Kontakt zur Biermanufaktur ENGEL GmbH & Co. KG im fränkischen Crailsheim aufgenommen, die seither das »kühle Blonde« für dieses Café in Sandow braut.
Das urige Wirtshaus mit Kult-Charakter
Dora Liersch, Lausitzer Rundschau
Sandower Vorstadt 18 a, Wehrstraße 20, Wehrpromenade 3 – das sind Adressen fuür ein und dasselbe Grundstuück östlich des Kleinen Spreewehrs. Bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert betrieb der Restaurateur Hermann Muüller hier seine Schankwirtschaft. Das Grundstuück gehörte seiner Frau Christiane. Nach seinem Tode erwarb der Gastwirt Paul Lucke das Anwesen und ließ im Jahre 1909 ein neues, großes Haus darauf erbauen. Der Cottbuser Architekt Paul Thiel (1878 – 1911) entwarf diesen interessanten Neubau, ein Wohnhaus als Eckbebauung mit Stall und Waschküche.
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Paul Thiel fertigte unter anderem auch Entwuürfe fuür die Guüterzufuhrstraße 3, Lessingstraße 1 und 38, die heutige Karl-Liebknecht-Str. 9a, Amdtstraße 1 bis 5 und fuür das Kino Weltspiegel, die alle auch errichtet wurden. Leider verstarb dieser tuüchtige Mann viel zu zeitig. Geschickt war der Neubau an das ältere Gaststättengebäude angefuügt worden. Die ehemalige Grundstuückseigentuümerin Christiane Muüller konnte wohnen bleiben.
Paul Lucke gab der Gaststätte seinen Namen, der mehr als 100 Jahre lang am Hause lesbar war. Im Neubau fanden damals die Fleischerei von Wilhelm Schuppan, später Fleischermeister Otto Hamann und auch der Frisiersalon von Emst Martinius, später Herbert Gottwald im Erdgeschoss, ihr Unterkommen. Nach Paul Lucke uübernahm Hans Lucke die beliebte Gaststätte, bis er altershalber diese leider aufgeben musste. So mancher ehemalige Gast erinnert sich bestimmt an das knusprige Eisbein und an viele andere deftige Speisen.
Die staatliche Handelsorganisation uübernahm 1974 die gutgehende Gaststätte, deren Leiter der gelernte Bäcker und Hobbykoch Erhard Ruske wurde. Jedenfalls verstand dieser, den guten Ruf der Gaststätte, die im Volksmund weiterhin nur »Lucke« hieß, mit seiner Frau, die zur Köchin umschulte, fortzufuühren. Das Umfeld der Gaststätte änderte sich. Die kleinen Häuser der Linden-, der Hain-, Wehr-, der Gilden- und Kiekebuscher Straße und weitere, uüber die Luckes Haus seit rund sechzig Jahren ragte, verschwanden und machten den mehrgeschossigen Plattenbauten Platz. Als mit dem Jahre 1990 die Handelsorganisation aufgelöst wurde, bemuühte sich Erhard Ruske bei den Erben der Familie Lucke um den Erwerb des Hauses, was auch möglich wurde. Stolz konnte er nach uüber 16 Jahren als HO-Gaststättenleiter zum 19. Dezember 1990 seine Gaststätte im eigenen Hause eröffnen. Nur ein Jahr später erfuhr das Gebäude eine umfassende Rekonstruktion und Modernisierung. In inzwischen drei Gasträumen fanden 120 Gäste Platz. Zu ihnen gehörten viele Stammkunden, so unter anderem Sportvereine, Skat- und Billardfreunde. Manche Geburtstags- oder Hochzeitsfeier wurde von den Wirtsleuten zur großen Zufriedenheit der Gäste ausgerichtet.
Im Sommer 2014 ging das Ehepaar Ruske in den Ruhestand. Seit nun mittlerweile einem Jahr hat das Traditionshaus neue Besitzer: Felix und Ronny Engel, die das urige Wirtshaus in das gemuütliche »Café Engel« verwandelten.
Schönes muss angesehen und gestaltet werden
Premiere von Rudolf Sittners Biografie in Bildern im Café Engel
Ulrike Elsner, Lausitzer Rundschau
Wenn Rudolf Sittner gefragt wird: Wie lange malen Sie an einem Bild, nennt er stets sein jeweiliges Lebensalter und verblüfft damit sein Gegenüber. Die Logik der Antwort liegt In der Konsequenz, die die künstlerische Arbeit des 72-Jährigen auszeichnet, und in seinem Leben als politisch denkender Mensch.
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Der große Gastraum im Café Engel in Cottbus-Sandow ist bis zum letzten Platz gefüllt. Die Buchpremiere von Rudolf Sittners Autobiografie verspricht schon dank der drei streitbaren Cottbuser auf dem Podium und dem stimmgewaltigen Sänger Lautaro Valdes daneben einen ebenso lust- wie gewinnbringenden Abend. Und das Versprechen wird gehalten. Der Lyriker Klaus Trende entlockt dem Maler und Grafiker Bekenntnisse zu Schaffen und Weltsicht. Der Schauspieler Michael Becker liest aus Büchem, die Sittner gestaltet hat, darunter manch wunderbares Gedicht von Neruda.
Auch die Auswahl der Sittner Bilder an den Wänden des Café Engel trägt dazu bei, ein Stück Welt nach Cottbus zu holen. Sind sie doch eine Reflexion auf die Reisen des Künstlers nach Chile, das ein Schicksalsland für Sittner geworden ist. Wer den Abend verpasst hat, kann zumindest diesen Teil des Kunstgenusses nachholen. Bis zum l. September hängen Rudolf Sittners Bilder noch im Café an der Wehrpromenade.
Eine Einordnung der Werke macht der 256-seitige Band möglich, der am Dienstagabend Buchpremiere hatte. Darin hat der Künstler seine Lebensreise in Bildern festgehalten. Malerei, Zeichnung, Grafik und Fotografie sowie Buchgestaltung sind für ihn der Vesuch, eine Bilanz der Jahre seit 1970 zu ziehen.
Was seine Gedanken befördere, Harmonie oder Widersprüche, will Klaus Trende wissen. »Beides«, entgegnet Sittner, Natur und Menschenwerk böten zudem so viel Schönes, das es anzusehen, anzuhören und zu gestalten gelte. Der Künstler outet sich als glücklicher Mensch – privat wie im Beruf. Beim Blick auf die Welt aber gehe ihm manchmal der Optimismus aus. »Doch man sollte sich diesen Blick nicht ersparen, um nicht spießig zu werden«.
Sittner, der bis Mitte der 60er Jahre als Schrift- und Plakatmaler tätig war, ab 1967 in Berlin Gebrauchsgrafik studierte und in den 70er-Jahren als Gebrauchsgrafiker gearbeitet hat, ist seit 1979 freischaffend. Anfangs als Gebrauchsgrafiker. Noch heute hält der Maler und Grafiker diese Herkunft für eine wichtige Grundlage seiner Kunst. Es gehe darum, mit wenig Mitteln viel auszudrücken und Genregrenzen zu überwinden. Rudolf Sittner gehört zu den Menschen, die sich selbst treu bleiben, ohne an überlebtem zu kleben. Er bekennt: »Meine Weltsicht hat sich eher erweitert als verändert.«
1997 hat er zum ersten Mal Chile besucht. Zustande gekommen ist die Reise durch die Freundschaft zu ehemaligen chilenischen Migranten, die er in den 70er-Jahren in Cottbus kennengelernt hat. Farben, Lebensfreude und Widersprüche des Andenlandes haben seine Malerei zutiefst beeinflusst.
In ihrer Grundhaltung sind sich die Gesprächspartner an diesem Abend einig. »Wir sind keine Ausländer, sondern alle Bewohner dieser einmaligen Erde«, sagt Klaus Trende. Rudolf Sittners Bilder im Hintergrund sind ein beredter Beleg dafür. Genauso wie sein Handeln. »Er hat uns an die Hand genommen«, sagt Carmen Gennermann, die nach dem Militärputsch aus Chile fliehen musste. »Und das tut er weiter. Wenn jemand fragt, wie Integration zu gestalten ist, er macht es vor.«